Historisch gesehen, waren Sitzmöbel zunächst etwas Exklusives. Denn seit der Antike saßen auf einem Thron nur Herrscher, deren Machtanspruch dadurch zum Ausdruck kam. Heute sind Stühle und Sessel etwas Selbstverständliches. Es wird Wert auf Sitzkomfort und auf eine dekorative Funktion gelegt. Einen Sonderplatz in der Sitzmöbellandschaft nehmen die Sitzsäcke ein, wo sich Bequemlichkeit und extravagante Form verbinden.
Drei Italiener entwarfen den ersten Sitzsack, der später als „Sacco“ Designgeschichte schreiben sollte. Im Jahr 1968 entwickelten die italienischen Designer Piero Gatti, Cesare Paolini und Franco Teodoro erstmals ein solches Sitzmöbel, das ohne zusätzliche Streben oder Stützen auskam. Durch die flexible Füllung sollten diese Textilien weich sein und sich der Körperform und der Position anpassen können.
Welche Sitzsack Füllung soll es sein? Von Experimenten mit Tischtennisbällen und Wasser
Eine äußere Hülle für einen Sitzsack zu finden, erwies sich als nicht so schwierig. Die Erfinder experimentierten zunächst mit transparenter Folie, bis später zu robusteren Stoffen wie Segeltuch, Leder aber auch Kunstleder und Kunststoffen übergegangen wurde. Als komplizierter erwies sich die Wahl des geeigneten Füllmaterials. Das Sitzmöbel sollte frei beweglich sein und damit dem Benutzer ermöglichen, viele verschiedene Körperhaltungen einzunehmen. Deshalb musste das Material die Funktion erfüllen, nachzugeben. Dieses Kriterium wurde von kleinen Bleikugeln und Tischtennisbällen nicht erfüllt. Dennoch wurden diese beiden Materialien genau wie Wasser und auch Sand getestet. Doch der gewünschte Effekt blieb aus. Schließlich stieß man auf die richtige Lösung. Polystyrol auch als Styropor bezeichnet, erwies sich als geeignete Füllung und wird heute noch dafür verwendet. Der Vorteil des Materials ist der geringe Preis und dass der Sitzsack dadurch nicht allzu schwer wird. Somit kann er bequem umhergetragen werden.
Zanotta und die 10.000 – Die erste Bestellung
1969 wurde der „Sacco“ erstmals auf der Pariser Messe vorgestellt. Für das Bekanntwerden der Neuheit bedurfte es auch ein wenig Glück. Laut einem Interview mit Piero Gatti, einem der drei Designer, soll es sich wie folgt zugetragen haben: Ein amerikanisches Magazin, dem die Designer ein paar Fotos zugesendet hatten, veröffentlichte Ende des Jahres 1968 auch ein Foto des noch nicht entwickelten Musterstücks. Daraufhin zeigte Macy`s, eine riesige amerikanische Kaufhauskette mit Sitz in New York, ausgerechnet an dem Modell mit dem Titel „Mold you are“ Interesse und bestellte spontan mehr als 10.000 Exemplare. Die Designer, die von diesem Wunsch völlig überrascht wurden, beauftragten daraufhin Aurelio Zanotta. Sein nach ihm benanntes Designgeschäft ist heute noch aktiv. Der Designer entschied sich für die Zusage, stattete die Modelle außerdem zunächst mit einer stabilen Kunstlederhülle aus.
Die Sitzsäcke verbreiteten sich zu Beginn in den Zimmern der Jugendlichen und Studentenwohnungen. Inwiefern sich diese Sitzelemente nicht nur aufgrund ihres Komforts ausbreiten konnten, sondern auch als ein Stilelement revoltierender Jugendlicher Geltung besaßen, ist nicht hundertprozentig geklärt. Fest steht, dass mit Zanotta sich der richtige Produzent für Sitzsäcke fand. Seine Stücke zeichneten sich ohnehin meist durch Kreativität aus oder repräsentierten das Unkonventionelle. Inzwischen hat das Unternehmen weltweit mehr als eine Million Sitzsäcke verkauft.
Vielfalt der Sitzsäcke
Seit seiner Erfindung konnte sich der Sitzsack enorm ausbreiten. Sitzsäcke gibt es inzwischen in den verschiedensten Formen und Farben. Die ursprüngliche italienische Bezeichnung war „sacco con grani“ und bedeutete sinngemäß: „Sack mit Körnern“. Heute sind die Sitzelemente immer noch mit Polystyrol gefüllt. Dadurch kann man sie jederzeit leicht transportieren und der Sitzkomfort wird gewährleistet.
Inzwischen verschaffen Sitzsäcke nicht mehr nur Kindern und Erwachsenen ausreichend Bequemlichkeit, sondern auch für die Haustiere Hund und Katze existieren solche Produkte. Es gibt Outdoor Sitzsäcke, die im Außenbereich aufgestellt und verwendet werden können, weil diese enorm wetterfest sind.
(Bildmaterial v.o.n.u.: © Valerian Design)