Das Architektentrio Piero Gatti, Cesare Paolini und Franco Teodoro erfanden 1968 den Sitzsack und schrieben damit Designgeschichte. Das Magazin Happenings interviewte einen der drei kreativen Köpfe – nämlich Piero Gatti. SitzsackProfi hat einmal die prägnantesten Passagen des Interviews übersetzt.
Der erste Sacco-Sitzsack: Ein durch und durch rationales Objekt
Happenings: Können Sie uns noch eine besondere Erinnerung aus der Anfangszeit von Sacco und Zanotta erzählen?
P. Gatti: Es war 1967, und Ergonomie war ein Konzept in den Kinderschuhen. Wir drei – wir hatten schön öfter zusammengearbeitet – dachten an einen biegsamen Sitz, der nicht dem gewöhnlichen Sessel entsprach. Eher etwas, das den Bewegungen des Körpers folgt. […]
Nach einer Reihe von Experimenten entstand die erste Version des Sacco aus transparentem, verstärktem PVC, einer Füllung aus Styroporkugeln und einem Griff, um ihn besser tragen zu können. Ich möchte dabei betonen, dass es sich für uns um keine „Pop“-Erfindung, sondern ein ganz präzises Projekt handelte: ein durch und durch studiertes und rationales Objekt […].
Einem ersten Kontakt in den USA folgte eine Publikation dem amerikanischen Magazin Long Furniture Daily. Wir wendeten uns auch an 3M und dann sah das Kaufhaus Macy’s das Magazin (der Name unseres Prototyps lautete „Moll you are“, was „von euch gemacht“ bedeutet) und dessen Anfrage verblüffte uns völlig. Sie wollten wissen, ob wir sofort 10.000 Stück produzieren könnten! Das war der Punkt, an dem wir Zanotta trafen. Er verstand die Kraft hinter Sacco und war in der Lage sofort an den ersten, funktionalen Prototypen zu arbeiten zu beginnen. Der Rest ist Geschichte.
Der Zanotta-Sitzsack besaß die Kraft Geschichte zu schreiben
Happenings: Wie sah Ihr Designansatz aus, unabhängig von Sacco?
P. Gatti: Ein weiter und vielfältiger Ansatz. In den frühen 60ern stand ich in Kontakt sowohl mit Joe Colombo, der mich in seinem Atelier haben wollte, als auch mit Gavina. Zwei wichtige Persönlichkeiten für mich. Genauso grundlegend wie die Lektion Carlo Scarpas. Doch mein erster Kontakt mit dem handwerklichen und schöpferischen Bereich kam über meinen Urgroßvater väterlicherseits, der mich häufig entlang der Mailänder Kanäle führte, um den Arbeiten in den Werkstätten zuzusehen – eine nützliche, prägende und inspirierende Erfahrung. […]
Ökologischer Sitzsack: Sacco-Erfinder Gatti hat die Zukunft im Blick
Happenings: Was sehen Sie für Ihre Zukunft als Designer?
P. Gatti: Um ehrlich zu sein, möglicherweise eine umweltfreundliche Version von Sacco. Und neue Formen nachhaltiger Architektur in Verbindung mit einem harmonischeren Gebäudekonzept, was die Formensprache, das Bausystem und die Materialnutzung betrifft – und das weniger verschwenderisch in Sachen Energie ist.
Aber die größte Schwierigkeit liegt hier in Italien in den Beziehungen zu den Institutionen des Landes, die sicherlich niemanden unterstützen, der konkret wünscht mit neuen Dingen zu experimentieren, außerhalb des sofortigen Profits.
(Bildmaterial v.o.n.u.: © Valerian Design, © Outbag)